Saterfriesisches Wörterbuch
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Wäid, -e, die

Wert: hie häd ju Ku unner hiere Wäid ferkoped: er hat die Kuh unter ihrem Wert verkauft.

waie (a) et wait; waide, waiden; waid ; Imp. fehlt.

1. wehen: die Wiend wait uut dät Aaste : der Wind weht aus dem Osten. 2. flattern: do Fonen waiden in dä‘n Wiend : die Fahnen flatterten im Wind. 3. fortbewegen, forttreiben: die Wiend waide do Bledere truch ju Lucht : der Wind wehte die Blätter durch die Luft.

mölk

1. Milch gebend: 1.1 ‘‘n mölke Ku : eine Milch gebende Kuh. 1.2 (Kuh, Schaf) mölk wäch?ide : kalben, lammen: ju Ku is mölk wuden : die Kuh hat gekalbt. 1.3 mölke Bäiste : Milchvieh.

minner wäide

1. abfallen, weniger werden: hie faalt alle Dege ou : er wird Tag für Tag schwächer. 2. erträglicher werden: ju Piene wäch?dt minner : der Schmerz wird erträglicher. 3. zu Ende gehen: dät Määrked wäch?dt minner : der Markt geht zu Ende. 4. (Sturm) sich abschwächen: die Stoarm wäch?dt minner : der Sturm schwächt sich ab.

wäide iek wäide, du wädst, hie/ju wädt, wie wäide; iek wuud, du wuust, hie/ju wuud, wie wuden; is wuden; wäide! wäidet!

1. werden: 1.1 hie is Affekoat wuden : er ist Rechtsanwalt geworden. 1.2 dät wäch?dt wäch?t mäd do bee : das wird etwas mit den beiden (= sie werden heiraten). 1.3 dät wäch?dt niks moor mäd Hier : sie wird nicht wieder besser. 1.4 dät hied wäch?t wäch?ide kuud : das hätte ein großes Unglück werden können. 1.5 wo mout dät wäch?ide? : wie muss das werden? (= wie lautet die Entscheidung?) 2. anfangen, erreichen, schaffen: 2.1 deer koast du niks mäd wäch?ide : damit kannst du nichts erreichen. 2.2 die Koaster kuud mäd him niks wäch?ide : der Lehrer konnte ihn nicht zu einer Aussage bringen. 3. gelingen, gut vorangehen: dät Huusbauen wäch?dt wäch?t : der Hausbau geht gut voran. 4. als Hilfsverb zur Bildung des Passivs: 4.1 iek wäch?ide, wuud drain; bä‘n, waas drain wuden : ich werde, wurde getragen; bin, war getragen worden: 4.2 dät Woater is in dä‘n Troach ounlope lät wuden (Syntax!): man hat das Wasser in den Troch hineinlaufen lassen. 5. nutzen: häd hie jou so holpen, dät et wäch?t wude? : hat er euch so geholfen, dass es etwas nutzte? [afrs. wertha]

gewoar wäide

1. gewahr werden, gewahren; erblicken, bemerken. 2. (zu seinem Schaden) erfahren: do wuur hie toumoal gewoar, dät jo neen Baanholt moor hieden : dann erfuhr er, dass sie kein Brennholz mehr hatten.

truchdrieuwe

1. hindurchdurchtreiben: do Skäipe truch ju Poute truchdrieuwe : die Schafe durch das Tor hindurchtreiben. 2. in Gang setzen, bringen: dusse Oarbaid mout truchdrieuwen wäch?ide . diese Arbeit muss in Gang gesetzt werden.

apbiende

1. Samenpflanzen in Bündel und Büschel binden und trocknen: Bonen apbiende: Bohnen zusammenbinden. dät Koardel mout fluks apbuunden wäch?ide: das Korn muss sofort zusammengebunden werden. 2. aufbinden, hochbinden: 2.1 ju boont hiere loange Rok ap, uum truch dät Woater tou waadjen: sie band ihren langen Rock auf, um durch das Wasser zu waten. 2.2 wie häbe him ju Bukse apbuunden: wir haben ihm eine Tracht Prügel verpasst. 3. vorlügen, vormachen, weismachen: 3.1 din Noaber häd die Wier wäch?t apbuunden : dein Nachbar hat dir wieder etwas vorgelogen. 3.2 hie wol mie wäch?t apbiende : er will mich auf den Arm nehmen.

Stränge, -n, ju

1. Seil, Strick. 2. (Teil des Pferdegeschirrs) Zugseil des Pferdegeschirrs; Leine, an der das Pferd den Wagen zieht: 2.1 hie häd noch neen Stränge liek leken: er hat noch keinen Strang stramm gezogen, noch keinen Schlag getan. 2.2 uur do Strängen haue : über die Stränge schlagen; unbändig sein; das gesetzliche Maß überschreiten. (Bie aan Houngst rakt et aan Knäppel mäd two Strängen. Bie twäin Houngste rakt et aan groten Knäppel, wier do bee litje Knäppele ounhoaked wäch?ide konnen. Älke Houngst häd two Strängen: Bei einem Pferd gibt es einen Knüppel mit zwei Strängen. Bei zwei Pferden gibt es einen großen Knüppel, in den die beiden kleinen Knüppel hineingehakt werden können. Jedes Pferd hat zwei Stränge.)

toudele

1. zuteilen, zusprechen: dät ieten mout do Bäidene toudeeld wäch?ide : das Essen muss den Kindern zugeteilt werden. 2. bei einer Erbschaftsteilung zuweisen: ätter dä‘n Dood fon sin Foar is him dät Fermugen toudeeld wuden : nach dem Tod seines Vaters ist ihm das Vermögen bei der Erbschaftsteilung zugewiesen worden.

Stump (a) , -e, die

1. Stumpf: 1.1 ap Stump : sofort. 1.2 hie mout ap Stump holpen wäch?ide : ihm muss sofort geholfen werden. 2. Stumpf; verstümmeltes Glied. 3. Baumstumpf. 4. Endstück. [engl. stump]

Stede, -n, ju

1. Stelle, Stätte: 1.1 ap de Stede: plötzlich, sofort; auf der Stelle. 1.2 die Houngst bleeuw ap de Stede stounden: das Pferd blieb plötzlich stehen. 1.3 hie häd ‘n Stede in Huus, wier hie oarbai(d)je kon: er hat eine Stelle im Haus, wo er arbeiten kann. 1.4 nit fon/uut ju Stede kume: nicht von der Stelle kommen; nicht vorwärts kommen. 1.5 alles is nu ap Stede: alles ist jetzt in Ordnung. 1.6 wie kume nit fon ju Stede mäd uus Oarbaid, wan dät Weder so blift: wir kommen nicht von der Stelle mit unserer Arbeit, wenn das Wetter so bleibt. 1.7 gunge ‘n bitje uut de Stede: gehe ein bisschen beiseite. 1.8 ap Stede hoolde: instand halten. 1.9 ap Stede kume: in Ordnung gehen. 1.10 ap Stede moakje, brange: aufräumen. 1.11 ‘n Rekenge ap Stede moakje: eine Rechnung begleichen. 1.12 hie mai Lieuwer ap Stede nit liede: er mag Leber absolut nicht leiden. 1.13 do Stoule mouten ap Stede sät wäch?ide: die Stühle müssen auf den richtigen Platz gesetzt werden. 1.14 hie kon niks oarntlik fon de Stede sätte: er kann nichts ordentlich ausführen, durchführen. 2. Bauernhof, Bauernstelle: 2.1 min Fädder häd ‘n flugge, grote Stede: mein Vetter hat einen schönen, großen Bauernhof. 2.2 hie hilket ju Stede un nit dät Wieuw: er heiratet aus Habgier und nicht aus Liebe. 2.3 fon de Stede moute: den Bauernhof wegen Überschuldung verlassen müssen. 3. Grundstück, Baugrundstück: hie häd noch neen Stede fuunden, wier hie baue kon: er hat noch kein Grundstück gefunden, wo er bauen kann. 4. schadhafte Stelle, Kratzer: deer is ‘n Stede in ju Fawe, ju uutbeterd wäch?ide mout: da ist eine schadhafte Stelle in der Farbe, die ausgebessert werden muss. 5. Quetschung, Bluterguss, blauer Fleck: 5.1 hie häd ‘‘n blaue Stede an dä‘n Hoals : er hat einen Bluterguss am Halse. 5.2 sere Stede : wunde Stelle, Geschwür. 5.3 räie Stede : Stelle, an der die Haut abgeschürft ist. 6. Stellung, Beschäftigung: min Bruur häd ‘‘n Stede bee/ ‘‘n Sloachter ounnumen : mein Bruder hat eine Stelle bei einem Schlachter angenommen. 7. Dorf: Hiere Babe koom uut ‘‘n litje Stede in Pommern : ihr Vater stammte aus einem kleinen Dorf in Pommern. 8. Standort: Lage: dät Huus häd ‘‘n goude Stede : das Haus hat eine gute Lage, einen guten Standort. 9. Ort: an ju Stede häbe iek mie silläärge nit apheelden : an dem Ort habe ich mich niemals aufgehalten.

Stappe, -n, ju

1. Leitersprosse. 2. Gitterstab aus Holz: een Stappe fon ju Repe is stukken un mout uuttuusked wäch?ide: ein Gitterstab der Futterraufe ist gebrochen und muss ausgetauscht werden. 3. Stufe. 4. Stuhlsteg. 5. Latte eines Drehkreuzes auf einem Fahrdamm.

spotje

lästern, spotten: du koast spotje, man dät Melöär kuud läpper wäch?ide : du kannst spotten, aber das Unglück könnte schlimmer werden.

spikje

spicken; mit Fett durchziehen: ‘‘n Hoaze mout spikked wäch?ide; uurs is die tou skroa : ein Hase muss gespickt werden; sonst ist der zu trocken.

sluke iek sluke, du slukst, hie/ju slukt, wie sluke; slook, sloken; sleken; sluuk! sluket!

schlucken, schlingen: iek sluke so fuul Woater as Mugelk, man iek kon min Snukop nit kwiet wäch?ide : ich schlucke so viel Wasser wie möglich, aber ich kann meinen Schluckauf nicht los werden.

sludje (b)

1. schleppen, schleifen: 1.1 hie sluddede do Säkke uur de Gruunde : er schleppte die Säcke über den Boden. 1.2 hie koom mäd dä‘n Soadel ounsludjen : er kam mit dem Sattel herangeschleppt. 2. schlichten, einebnen, besonders wenn man das Weideland von Maulwurfshügeln und Kuhfladen mittels einer Schleppe, meistens einer umgekehrten Egge, befreien will: dut Lound mout sludded wäch?ide : dieses Land muss eingeebnet werden.

slap

1. matt, lustlos, träge: 1.1 slap wäch?ide : erschlaffen. 1.2 slap in do Liede : schlaff in den Gliedern. 1.3 slap antroald : nicht sehr kräftig, schwächlich.

swiddelich

schwindlig: iek wäch?ide swiddelich, wan iek ap de Swichtställenge stounde : mir wird es schwindlig, wenn ich auf der Mühlengalerie stehe.

touräächsniede

stutzen, kürzer schneiden: ju Häge mout tourääch?chsnieden wäch?ide : die Hecke muss gestutzt werden.

Tjuusterge, ju

Dunkelheit: in Tjuusterge kon iek niks wäch?ide: in der Dunkelheit kann ich nichts finden/tun.

tjukselje (b)

dechseln; mit einer Dechsel behauen: dät Eende fon dä‘n twäide Boolke mout tjukseld wäch?ide : das Ende des zweiten Balkens muss gedechselt werden.

Tied, -en, ju (in stehenden Ausdrücken ist Tied noch männlich: bute dän Tied; tou uungjuchten Tied )

1. Zeit: 1.1 Tied ferklaie: Zeit verschwenden. 1.2 wie mouten him wäch?t moor Tied läite: wir müssen ihm etwas mehr Zeit lassen. 1.3 fon, uut oolde(‘n) Tieden: von alters her. 1.4 iek häbe him ‘n loange Tied nit moor blouked: ich habe ihn eine lange Zeit nicht mehr gesehen. 1.5 hie kumt tou sien Tied bee/ uus: er besucht uns regelmäßig. 1.6 dät Ferspreken is uur ju Tied : die Vereinbarung ist verjährt. 1.7 dät häd noch Tied : das hat noch Zeit. 1.8 ju Tied outeeuwe : zögern, zaudern, abwarten. 1.9 in oolden Tieden : in alten Zeiten. 1.10 dät bruukt sien Tied : das braucht seine Zeit; das dauert lange. 1.11 ap de Tied : rechtzeitig, pünktlich. 1.12 bee/ sien Tied : seinerzeit. 1.13 ju kumende Tied : die Zukunft. 1.14 in dusse Tied : heutzutage. 1.15 fon Tied tou Tied : von Zeit zu Zeit; gelegentlich. 1.16 du ljowe Tied! : du liebe Zeit! 1.17 tou ju Tied : 1.17.1 zur Zeit. 1.17.2 auf der Stelle; jetzt sofort. 1.18 aan Tied läite : jemandem Bedenkzeit einräumen. 1.19 ätter kute Tied : nach einiger Zeit. 1.20 bee/ sien Tieden : zu seiner Zeit; zum richtigen Zeitpunkt. 1.21 Bute Tied : zu unpassender Zeit; außerhalb der Mahlzeiten. 1.22 et häd ‘‘n hele Tied nit rienen : es hat eine ganze Zeit nicht geregnet. 1.23 deer mout Tied tou weze : dafür muss man Zeit haben. 1.24 et is uur de Tied : die vereinbarte Zeit ist überschritten. 1.25 fon Tied tou Tied is so ‘‘n Melöär geböärd : von Zeit zu Zeit ist ein solches Unglück passiert. 1.26 hie häd de bääste Tied ape : er ist über die besten Jahre hinaus. 1.27 hie kon sien Bäidene nit truch ju Tied kriege : er kann seine Kinder nicht ernähren. 1.28 hie kumt mäd ju Tied tou kuut : die Zeit läuft ihm davon. 1.29 ju hoolwe Tied is ju nit in Huus : die Hälfte der Zeit ist sie nicht zu Hause. 1.30 iek häbe him in loange Tied/Tieden nit moor blouked : ich habe ihn seit geraumer Zeit nicht mehr gesehen. 1.31 in ju Tied genen wie ‘‘n Bjoor drinke : in der Zwischenzeit gingen wir ein Bier trinken. 1.32 ju hele Tied uur : die ganze Zeit über. 1.33 juun de Tied bä‘n iek al Wier deer : zur vereinbarten Zeit bin schon ich wieder da. 1.34 juust tou gjuchten Tied : im letzten Moment. 1.35 dät Spil duurde Tied uum Tied : das Spiel dauerte ewig. 1.36 hie mout sik mäd sture Oarbaid truch ju Tied slo : er muss sich mit schwerer Arbeit den Kopf über Wasser halten. 1.37 tou gjuchter Tied : rechtzeitig. 1.38 hie kon sien Femielje nit truch ju Tied brange : er kann seine Familie nicht ernähren. 1.39 twiske do Tieden : von Zeit zu Zeit. 1.40 uus Ku gungt uur de Tied : unsere Kuh ist länger trächtig als üblich. 1.41 ju Stroafe is uur de Tied : die Strafe ist verjährt. 1.42 uur de Tied gunge : den richtigen oder gewohnten Zeitpunkt überschreiten. 1.43 tou glieker Tied, as hie tou ju Dore ienkoom, lätten do Klokken : zur gleichen Zeit, als er zur Tür hereinkam, läuteten die Glocken. 1.44 tou ju Tied uutrieten wäch?ide : sterben. Frist: 2.1 hie lätte/liet him fjautien Dege Tied : er gewährte ihm eine Frist von 14 Tagen. binne ju Tied : innerhalb der festgesetzten Frist. 2.3 ju Tied is ume; dät Kolich mout kume: die Frist ist abgelaufen; das Kalb muss kommen. 2.4 tou de Tied : fristgemäß. 3. Termin: wie mouten ju Tied ienhoolde : wir müssen den Termin einhalten. 4. Generation: in de Tied fon uus Bääsje : in der Generation unserer Großmutter. 5. Gefängnisstrafe: hie mout sien Tied ousitte : er muss seine Gefängnisstrafe absitzen.

tichtdäkke

1. vollkommen zuschütten: do Oarbaidere häbe dä‘n Sloot fóar uus Huus tichtdäkt : die Arbeiter haben den Graben vor unserem Haus vollkommen zugeschüttet. 2. zudecken: die Tuwwelkedoabe mout tichtdäkt wäch?ide : die Kartoffelmiete muss zugedeckt werden.

tekenje

1. zeichnen. 2. (Bettwäsche) die Wäsche mit dem Familiennamen besticken: uus Bääsje häd ju Wäske aaltied tekend : unsere Großmutter hat die Wäsche immer mit dem Familiennamen bestickt. 3. (Schafe, Schweine, Rinder, Geflügel) mit Zeichen (Ohrmarken, Brandnarben) versehen: 3.1 wie tekenden do Bäiste : wir haben die Kühe mit Zeichen versehen. 3.2 do Swiene mouten noch tekend wäch?ide : die Schweine müssen noch gekennzeichnet werden. 4. (Kuh) Anzeichen baldigen Kalbens zeigen: ju Ku tekent goud : die Kuh zeigt, dass sie bald kalben wird. 5. (Frau) die Merkmale einer Schwangerschaft zeigen: ju tekent heel wöist : ihre Entbindung steht gerade bevor. 6. einen Beitrag in eine Spenderliste eintragen: wie häbe 100 Euro foar do Johanniter tekend : wir haben 100 Euro für die Johanniter gespendet. 7. unterschreiben: jie mouten nit ferjete, dä‘n Truurbräif tou tekenjen : ihr sollt nicht vergessen, den Beileidsbrief zu unterschreiben.