Saterfriesisches Wörterbuch
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Hiere

1. mieten, pachten: 1.1 hie häd dät Lound hierd : er hat das Land gepachtet. 1.2 ‘‘n Stede Hiere : einen Hof pachten. 1.3 hie mout dät Lound fon sin Noaber Hiere : er muss das Land seines Nachbarn pachten.

Hiere

ihr: Hiere Mon, Dochter, Wucht, Bäidene : ihr Mann, ihre Tochter, ihr Mädchen, ihre Kinder.

Hiere, -n, ju

1. Miete, Heuer, Pacht: 1.1 aan ju Hiere kändigje: jemandem sagen, dass etwas nicht weitergeht. 1.2 fräi fon Hiere: mietfrei. 1.3 fääste Hiere: feste Pacht. 1.4 hie häd dät Lound in de Hiere: er hat das Land in Pacht. 2. Pachtgeld, Pachtzins: die Haildeel mout foar de Hiere wäch?ch: das Land wird für die Hälfte des Ertrages verpachtet.

Hier, -e, dät

1. Haar: 1.1 deer gunge die do Hiere bee/ tou Bierge: dabei stehen dir die Haare zu Berge. 1.2 swotte Hiere, ljoachte Hiere, rode Hiere: schwarze Haare, blonde Haare, rote Haare. uum ‘‘n Hier waas die Fersäik ferkierd geen : um ein Haar wäch?re der Versuch misslungen. do Hiere ap dä‘n Kop källe mie : (Klage eines Verkaterten) die Haare auf dem Kopf tun mir weh. 1.5 sik an do Hiere riete, luke: sich an den Haaren reißen, ziehen.

Haildeel, -dele, die / dät

1. Hälfte. 1.1 die Haildeel fon dät Lound mout foar de Hiere wäch?ch: das Land wird für die Hälfte des Ertrages verpachtet. tou dä‘n/uum dä‘n Haildeel : zur Hälfte/um die Hälfte. 1.3 wie betoalje älk dä‘n Haildeel. wir bezahlen je die Hälfte. [afrs. halfdêl ]

sääd

1. satt, gesättigt: 1.1 iek hied nit fuul Smoacht un waas gau sääd : ich hatte nicht viel Hunger und war schnell satt. 1.2 die sik nit sääd iete kon, die kon sik ook nit sääd likje : wer sich nicht satt essen kann, kann sich auch nicht satt lecken (= wer mit viel unzufrieden ist, ist mit weniger auch nicht zufrieden). 1.3 hie is nit sääd tou kriegen : er ist unersättlich. 1.4 iek eet mie deer sääd in Bonen : ich sättigte mich dort mit Bohnen. 1.5 as Bäiden häd hie nooit sääd tou ieten kriegen : als Kind hat er nie satt zu essen bekommen. 1.5 it die sääd, hoold die glääd un raache nit bee/ do Huze! : iss dich satt, halte dich glatt und lästere nicht auf der Nachbarschaft herum! 1.6 sääd moakje / kriege : wo moaket/kricht ju aal Hiere Bäidene sääd? : wie kriegt/macht sie all ihre Kinder satt? 1.7 sääd wäch?ide : satt werden. reichlich; im Überfluss: 2.1 hie häd Jeeld sääd : er hat Geld im Überfluss. 2.2 deer roate et ieten un Drinken sääd : dort gab es reichlich zu essen und zu trinken. 2.3 iek häbe Tied sääd/iek häbe sääd Tied : ich habe Zeit satt. 3. müde, leid, überdrüssig: 3.1 iek bä‘n dä‘n Wäänt sääd : ich bin des Burschen überdrüssig. 3.2 iek bä‘n et sääd, aaltied mäd do Bäidene tou skeelden : ich bin es leid, immer mit den Kindern zu schimpfen. 4. bis zur Erschöpfung: ju häd sik sääd huuld : sie hat geweint, bis sie nicht mehr weinen konnte. 5. zufrieden: ju kon Hiere Oarbaid sääd bekiekje : sie kann ihre Arbeit zufrieden betrachten.

plukje

1. pflücken: Ap(p)ele plukje : Äpfel pflücken. 2. (Haare) ziehen, reißen: do bee Wuchtere plukkeden sik juunsiedich in do Hiere : die beiden Mädchen zogen sich gegenseitig an den Haaren. 3. rupfen: ‘‘n Hanne plukje : ein Huhn rupfen. 4. betrüben, ausbeuten, ausnehmen: äärme Ljudene wäch?ide oafte plukked : arme Leute werden häufig ausgebeutet.

plukkelch

zerzaust: ju häd heel plukkelge Hiere : sie hat ganz zerzaustes Haar.

prumt

1. pünktlich: hie is prumt kemen : er ist pünktlich gekommen 2. umgehend, prompt: dät wäch?dt prumt moaked : das wird umgehend gemacht. 3. ordentlich, sauber: Hiere Bäidene sunt aaltied prumt ounleken : ihre Kinder sind immer ordentlich angezogen. 4. genau: et is prumt oachte/oage Úre : es ist genau acht Uhr.

putsje

1. putzen: nit alle Wieuwljude wollen Hiere Käärdel do Stöäwele putsje : nicht alle Frauen wollen ihrem Mann die Stiefel putzen. 2. rasieren: iek mout min Boart putsje : ich muss meinen Bart rasieren. 3. essen, verzehren: hie häd dät ieten gau wäch?chputsed : er hat das Essen schnell verzehrt. 4. (Pferd) striegeln.

ouhälpe (a)

1. jemanden von einer Notlage, einem Übelstand erlösen, befreien: 1.1 iek kuud him fon sien Meläsje ouhälpe : ich konnte ihn von seinem Verdruss befreien. 1.2 die Dokter häd mie fon ju Kroankhaid ouholpen : der Arzt hat mich von der Krankheit befreit. 2. entlasten: nu, dät hie mäd ju Skoule kloor is, kon hie sien Oolden in Hiere Winkel ouhälpe : jetzt, wo er mit der Schule fertig ist, kann er seine Eltern in ihrem Laden entlasten. 3. (ironisch) betrügen um etwas: hie häd him fon sien Jeeld ouholpen : er hat ihn um sein Geld betrogen. 4. herunterhelfen: wie holpen him fon dä‘n Woain ou : wir halfen ihm von dem Wagen herunter.

piel (a)

1. aufrecht, gerade, gesträubt: 1.1 do Hiere studen him piel in de Lucht : die Haare standen ihm zu Berge. 1.2 wan aal do Äile, do wie rundumetou iete, fon Twiskenoan kume, dan mouten jo in dät Meer piel stounde : wenn all die Aale, die wir hier rundherum essen, aus dem Zwischenahner Meer stammen, dann müssen sie im Wasser geradestehen.

ouwoane

1. abgewöhnen: 1.1 iek kon him dät Supen nit ouwoane : ich kann ihm das Saufen nicht abgewöhnen. 1.2 (ironisch) dät is ‘‘n goud Wierks tou ouwoanen : das ist etwas Gutes zum Abgewöhnen. 2. (+ sik) et is nit mäkkelk, sik dät Rookjen outouwoanen : es ist nicht leicht, sich das Rauchen abzugewöhnen. 3. sich absondern; sich entfremden: ju häd sik fon Hiere Foulk ouwoand : sich hat sich von ihrer Familie entfremdet. 4. entwöhnen: ätter säks Mounde kon ju Muur dät Titbäiden ouwoane : nach sechs Monaten kann die Mutter den Säugling entwöhnen.

oustete

1. abstoßen, abweisen: do Duwoanen häbe uus an dät Skeed oustat : die Zollbeamten haben uns an der Grenze abgewiesen. 2. (Grassoden, Torf, Unkraut, Disteln) abstechen: 2.1 Plagen oustete : Grassoden abstechen. 2.2 wie mouten do Tiesele oustete : wir müssen die Disteln abstechen. 2.3 ju Slootkaante oustete : den Grabenrand von Unkraut reinigen. 3.1 Heu-, Strohoder Korngarben mit der Heugabel vom Fuder auf den Boden hinaufreichen oder an den Packer (Fläier) weitergeben, der sie ins Heufach hineinpackt. 3.2 Heuoder Getreidegarben mit der Heugabel vom Wagen abnehmen oder abwerfen. 4. durch einen Stich töten: do Íemen stete ju Muur ou : die Bienen töten die Königin. 5. (+ sik) sich abheben; stark hervortreten: ju statte sik fon do uur Wieuwljude truch Hiere bunte Klodoazje ou : sie hob sich von den anderen Frauen durch ihre bunte Kleidung ab. 6. durch einen Stoß beschädigen: iek häbe ‘‘n Stuk fon dät Täller oustat : ich habe ein Stück von dem Teller abgestoßen. 7. wegstoßen: ‘‘n Boot fon ju Ouger oustete : ein Boot vom Ufer wegstoßen. 8. (Kind) stiefmütterlich, lieblos behandeln: iek wuud in Huus aaltied oustat : ich wurde zu Hause immer lieblos behandelt. 9. (Lamm, Kalb) verwerfen, ablehnen: 9.1 ju Oue stat dät Loum ou : das Mutterschaf lehnt das Lamm ab. 9.2 ju Ku stat dät Kolich ou : die Kuh lehnt das Kalb ab. 10. durch Abstechen von Unkraut reinigen: wie stieten/statten ju Slootkaante ou : wir stachen den Grabenrand ab. 11. verstoßen: sien Foulk häd him oustat : seine Familie hat ihn verstoßen. 12. abprallen (is): alles stat fon him ou : alles prallt an ihm ab.

ousludderje (Kleidung) durch mangelnde Pflege und Vernachlässigung abnutzen

do Broodbukke sludderje Hiere Klodere ou : die Halbstarken vernachlässigen ihre Kleidung.

ouslo

1. abschlagen: ‘‘n täkke fon dä‘n Boom ouslo : einen Ast von dem Baum abschlagen. 2. zurückweisen, ablehnen. 3. missglücken, misslingen (is): die Aden is mie ousloain : die Ernte ist mir misslungen. 4. (+ sik) sich mit jemandem abgeben; sich mit jemandem in unliebsamer Weise einlassen: iek wol mie mäd him nit ouslo : ich will mich mit ihm nicht abgeben. 5. (+ sik) sich mit jemandem beschäftigen (müssen); sich mit jemandem abquälen, herumschlagen: 5.1 iek moaste mie mäd dät Bäiden ju hele Noacht ouslo : ich musste mich die ganze Nacht mit dem Kind abquälen. 5.2 ju mout sik mäd Hiere Swegerdochter ouslo : sie muss sich mit ihrer Schwiegertochter herumschlagen. 6. ablehnen, abschlagen, zurückweisen: 6.1 hie häd ju Oarbaid ousloain : er hat die Arbeit abgelehnt. 6.2 ‘‘n Bidde ouslo : eine Bitte abschlagen. 7. (Zelt) abbauen: ‘‘n Tält ouslo : ein Zelt abbauen.

rägels luke

1. zurückziehen: ju look Hiere Hounde rägels : sie zog ihre Hand zurück. 2. (+ sik) zurückziehen: 2.1 do Fransen loken sik boalde rägels : die Franzosen zogen sich bald zurück. 3. (+ sik) rägels luke : sich zurückziehen; sein Wort nicht halten.

regierje

1. (Frau) das Regiment im Hause führen: sien Moanske regiert in Huus : seine Frau hat das Sagen im Hause. 2. arbeiten. 3. herumwerkeln, unbedeutende Tätigkeiten verrichten. 4. den Chef spielen: hie wol aaltied regierje : er will immer, dass die Leute nach seiner Pfeife tanzen. 5. wirtschaften: ju Swegerdochter kon juustso goud regierje as Hiere Swegermuur : die Schwiegertochter kann genauso gut wirtschaften wie ihre Schwiegermutter.

reken

1. (Haus, Wohnung) in guter Ordnung, aufgeräumt: reken moakje : in Ordnung bringen; zurecht machen. 2. (Haare) glatt, ordentlich frisiert oder gekämmt: do Hiere fon dät Wucht sunt aaltied reken : die Haare des Mädchens sind immer ordentlich frisiert.

sköäre (a)

1. reißen; einen Riss bekommen (is): 1.1 die Roop is sköärd : das Seil ist gerissen. 1.2 ju Säärkenklokke is sköärd : die Kirchenglocke ist gerissen. 2. auseinander trennen; in einzelne Teile zerreißen: ju häd dät Goud/ Göitjen ounpakked un sköärd : sie hat den Stoff angefasst und auseinander getrennt. 3. spalten: die Loai häd dä‘n Boom sköärd : der Blitz hat den Baum gespalten. 4. bersten (is): dät ene Fät is sköärd : das eine Fass ist geborsten. 5. eilen, hasten; schnell laufen, jagen (is): die grote Woain sköärde truch do Sträiten : der große Wagen jagte durch die Straßen. 6. dröhnen, rauschen, brausen: iek heerde do Buulgen sköären : ich hörte die Wellen rauschen. 7. schwer und mit Ausdauer arbeiten: ju sköärt älke Mäiden morere Úren in Hiere Tuun : sie arbeitet jeden Morgen mehrere Stunden in ihrem Garten. 8. das große Reinemachen durchführen; den großen Hausputz unternehmen. 9. einen Stuhl oder einen Tisch über den Fußboden schleppen.

skipje

schiffen; mit einem Schiff fahren: do oolde Seelter sunt mäd Hiere Eed ätter do fräiske Oailounde waiskipped : die alten Saterfriesen sind mit ihren Schiffen nach den ostfriesischen Inseln gefahren.

Skin, dät / die

abblätternde Kopfhaut; Kopfschuppen, Kopfgrind: hie häd Skin in do Hiere: er hat Kopfschuppen.

Skieme, -n, die

1. Schattenbild, Schattenriss, Schlagschatten: so meger as ‘n Skieme: so mager wie ein Schattenbild. 2. Umriss, Silhouette: iek saach hiere Skieme bäte ju Gediene: ich sah ihre Silhouette hinter der Gardine.

skielje (a)

1. (auch + sik) verschieden sein; sich unterscheiden; einen Unterschied machen: 1.1 do bee Brure skielje (sik) moor, as du toankst : die beiden Brüder unterscheiden sich mehr, als du denkst. 1.2 et skielt nit fuul, of jo dälich of mäiden kume : es macht wenig/keinen Unterschied, ob sie heute oder morgen kommen. 1.3 jo skielden sik in t Oaler bloot two Mounde : sie unterschieden sich im Alter lediglich um zwei Monate. 2. das normale Maß, die Norm bei Weitem überschreiten: 2.1 dät skielt tou fuul : das ist nicht üblich, nicht normal. 2.2 Hiere beniemen skielt rain tou fuul : ihr Benehmen spottet jeder Beschreibung. 2.3 et skielt tou fuul bee/ dusse Ljudene : es gibt zu viel Streit und Lärm bei diesen Leuten. 3. genug sein, reichen: dät skielt nit fuul moor : das ist bald genug. 4. fehlen: 4.1 et hied man ‘‘n bitje skield, un iek waas umefalen : es hatte nur ein bisschen gefehlt, und ich wäch?re umgefallen. 4.2 et Skielde nit fuul, of jo wieren toueenuur ienfierd / ienronnen : es fehlte nicht viel, und sie wäch?ren miteinander zusammengestoßen. 4.3 et Skielde nit fuul, of jo hieden Haueräi mädeenuur heeuwed : es fehlte nicht viel, und sie hätten eine Schlägerei miteinander gehabt. 4.4 skielt die wäch?t? : fehlt dir was? 5. ausmachen: sien Menenge skielt mie niks : seine Meinung macht mir nichts aus.

Sjoderäi, ju

1. das Kochen; die Kochkunst. 2. Kocherei, schlechtes Kochen: Hiere Sjoderäi mai iek nit jädden iete : ihre Kocherei mag ich nicht gerne essen.