Saterfriesisches Wörterbuch
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leeuwe

1. glauben: 1.1 dät is nit tou leeuwen : däs ist unglaublich, das spottet jeder Beschreibung. 1.2 dät koast du beter leeuwe, as waigunge tou ätterfräigjen : das kann man besser so glauben; es lohnt sich nicht, hinzugehen und nachzufragen (= die Behauptung ist wenig glaubwürdig). 1.3 dät leeuwe man : das glaube nur, denn es ist gewiss wahr. [afrs. lêva]

Leeuwe, -n, die

Löwe. [mnd. lêwe, wlfrs. liuw ]

wül

1. wohl: 1.1 dät wol iek wül/wäch?il jädden leeuwe : das will ich wohl gerne glauben. 1.2 hie waas wül/wäch?il so bliede, wiel hie ju Stede kriegen häd : er war wohl so froh, weil er die Stelle bekommen hat . 1.3 dät skäl wül/wäch?il so weze : das wird wohl so sein. 1.4 die Komer is wül tou litjet foar die: das Zimmer ist wohl zu klein für dich. → wäch?il

wrieuwe iek wrieuwe, du wrifst, hie/ju wrift, wie wrieuwe; wreeuw, wreeuwen; wrieuwen; wrieuw! wrieuwet!

1. reiben: 1.1 iek kuud et nit leeuwe; iek moaste mie do Ogene wrieuwe: ich konnte es nicht glauben; ich musste mir die Augen reiben. 1.2 an ‘n smerigen Peel koast du die nit skeen wrieuwe: durch den Umgang mit einflussreichen, aber korrupten Menschen kannst du deinen Ruf nicht verbessern. 2. raspeln: Tuwwelke, Sies wrieuwe: Kartoffeln, Käse raspeln.

Woud, -e, dät

1. Äußerung: 1.1 hie kon sien Woud goud moakje: er kann sich mit Worten gut ausdrücken, verteidigen. 1.2 hie liet him nit tou Woud kume: er ließ ihn nicht zu Wort kommen, verhinderte, dass er sich äußerte. 1.3 hie fiert dät grote Woud: er beherrscht das Gespräch. 1.4 fon Woud tou Woud: wörtlich, wortgetreu. 1.5 hie häd mie dät Woud fóar ju Mule wäch?chnumen: 1.5.1 er ist mir mit seiner Äußerung zuvorgekommen. 1.5.2 er hat mich unterbrochen, ist mir ins Wort gefallen. 1.6 dät ene Woud hoalde dät uur, un dan hieden jo sik in do Klatten: ein Wort holte das andere, und dann hatten sie Streit miteinander. 1.7 dät is noch nit dät lääste Woud: das ist noch nicht das letzte Wort. 1.8 dät is Woud foar Woud ju Weerhaid : das ist die buchstäbliche Wahrheit. 1.9 dät koom so tou Woude : es kam die Rede darauf. 1.10 dät leeuwe iek die ap t Woud : das glaube ich dir aufs Wort. 1.11 deer kon iek ook ‘‘n Woud tou kwede : das kann ich auch bestätigen. 1.12 dät Woud häbe : das Wort führen. 1.13 hie häd deer neen Woud bee/ kweden : er hat sich das schweigend angehört. 1.14 hie häd ‘‘n Woud foar twäin : er redet mehr als zwei Menschen zusammen. 1.15 hie hied deer froamde Woude twiske : er sprach mit einem fremden Akzent; er sprach gebrochenes Deutsch. 1.16 hie stoant ap sien Woud un hoaldt, wäch?t hie ferspräkt/toutält : er steht zu seinem Wort und hält, was er verspricht. 1.17 iek häbe neen Woud deertou kweden : ich habe nicht darauf geantwortet, habe mich nicht dazu geäußert. 1.18 sunder Woud un wieze : stillschweigend, ohne ein Wort zu sagen. 1.19 tou Woude brange : zur Sprache bringen. 1.20 tou Woude stale : zurechtweisen, tadeln. 1.21 aan tou Woude stounde : jemandem Rede und Antwort stehen. 1.22 Woude breke : radebrechen. 2. Ruf: 2.1 hie häd dät Woud, dät hie mäd uur Ljudene nit umegunge kon : er hat den Ruf, dass er mit anderen Menschen nicht umgehen kann. 2.2 jo häbe dät Woud, dät jo goud wäch?t unner do Fäite häbe : es wird ihnen nachgesagt, dass sie wohlhabend seien. 2.3 dät Woud gungt färe as die Mon : der Ruf geht weiter als der Mann. 3. Versprechen: 3.1 hie häd sien Woud nit heelden : er hat sein Versprechen nicht gehalten. 3.2 hie stoant tou sien Woud : er steht zu seinem Versprechen. 3.3 iek blieuwe bee/ mien Woud : ich bleibe bei meinem Versprechen. 4. Zeichen der Zustimmung: dät is ‘‘n Woud : ich stimme mit Ihnen überein, gebe Ihnen recht. 5. Spruch, Redewendung, Sprichwort: uus Babe hied ook so ‘‘n Woud : unser Vater hatte auch einen solchen Spruch. 6. Grundsatz: dut Woud mout jeelde : dieser Grundsatz muss gelten. 7. Vorwurf: hie wol dät neen Woud häbe : er weist den Vorwurf zurück. 8. Gespräch: iek häbe Hier tou Woud wezen : ich habe ein Gespräch mit ihr geführt.

wildäge

1. ohne Weiteres; wirklich: dät koast du wildäge leeuwe : das kannst du ohne Weiteres glauben. 2. selbstverständlich, natürlich: dät moast du wildäge sälwen/säärm undskede : das musst du selbstverständlich selbst entscheiden. 3. ganz und gar: wildage nit! : ganz und gar nicht! 4. mit Sicherheit, ganz gewiss: dät is wildäge ju gjuchte Ontwoud : das ist mit Sicherheit die richtige Antwort.

wäl

1. wer: 1.1. wäch?l, wäch?ls, wäch?l, wäch?l : wer, wessen, wem, wen: wäch?l bääst du? : wer bist du? (Frage an ein Kind nach seiner Herkunft.) 1.2 wäch?ls Ku/wäch?l sien Ku is dät? : wessen Ku ist das? 1.3 wäch?l dät weet, die mout et kwede : wer das weiß, der muss es sagen. 1.4 ju häd wäch?l weet wo fuul äärwed : sie hat wer weiß wie viel geerbt. wäch?l weet, wo fuul Tied wie noch häbe : wer weiß, wie viel Zeit wir noch haben. 1.6 wäch?l ook so wäch?t kwädt, dät leeuwe iek nit: wer auch immer so etwas sagt, das glaube ich nicht. 1.7 wäch?l fon do bee Wuchtere wol dät Kralebeend häbe?: wer von den beiden Mädchen will die Perlenschnur haben? 1.8 iek moate jädden wiete, wäch?l dät Rääd stälen häd: ich möchte gerne wissen, wer das Rad gestohlen hat.

ouleeuwe

1. jemandem eine Behauptung glauben: 1.1 dät leeuwe iek die nit ou : das nehme ich dir nicht ab; das glaube ich dir nicht. 1.2 dät wol iek die wäch?il ouleeuwe : das glaube ich dir aufs Wort.

noch (a)

1. noch: 1.1 sunt jie deer noch? : seid ihr noch da? 1.2 noch insen : noch einmal. 1.3 hie is noch loange nit die bääste Spieler : er ist noch lange nicht der beste Spieler. 2. wohl: dät, wäch?t du kwädst, leeuwe iek noch : das, was du sagst, glaube ich wohl.

ätterfräigje

1. nachfragen, sich erkundigen: dät koast du beter leeuwe as waigunge tou ätterfräigjen : das kannst du besser glauben als hingehen, um nachzufragen. 2. sich an jemanden oder etwas kehren; sich um etwas kümmern: 2.1 deer fräiget hie niks ätter : er kümmert sich nicht darum; er stört sich nicht daran. 2.2 hie fräiget nargends wäch?t ätter : er ist ein Draufgänger. noch einmal, wiederholt fragen: iek moaste ätterfräigje, bit hie mie ferstude : ich musste wiederholt fragen, bis er mich verstand.

haimsäike

1. heimsuchen, quälen; als etwas Unerwünschtes oder Unheilvolles über jemanden oder etwas kommen: wie wieren as fon dä‘n Djuwel haimsoacht : wir waren wie vom Teufel heimgesucht. 2. bei jemandem in lästiger oder schädigender Weise eindringen: iek weet nit, wäch?t do leeuwe, man jo säike uus boalde älke Wiek haim : ich weiß nicht, was die glauben, aber sie dringen fast jede Woche unerwünscht bei uns ein. 3. ausplündern, ausrauben, überfallen: jo häbe him goud haimsoacht : sie haben ihn gehörig ausgeplündert. 4. einbrechen bei jemandem: twäin Monljude soachten uus Noabere haim, as jo nit in Huus wieren : zwei Männer brachen bei unseren Nachbarn ein, als sie nicht zu Hause waren.

gemeen

1. abstoßend, roh: ju häd ‘‘n gemene Oard tou balen : sie hat eine abstoßende Art zu reden. 2. unfein, ordinär; schändlich, niederträchtig: 2.1 du moakest die gemeen, wan du sukke Dingere fertälst : du würdigst dich herab, wenn du solche Dinge erzählst. 2.2 die Koaster häd mie ap gemene Oard un wieze oukanseld : der Lehrer hat mich auf eine schändliche Art und Weise zurechtgewiesen. 2.3 dät is ‘‘n gemeen Stuk : das ist eine Gemeinheit, eine niederträchtige Tat. 2.4 wo koast du dien oaine Suster so gemeen moakje? : wie kannst du deine eigene Schwester so verleumden? 3. (Feldfrucht) spärlich: die Roage stoant gemeen : der Roggen wäch?chst spärlich. 4. arm, ärmlich: 4.1 gemeen ounleken : ärmlich gekleidet. 4.2 hie roket, as wan ‘‘n gemeen Moanske an t Boaken waas : er raucht, als wenn eine arme Frau beim Backen wäch?re. 4.3 jo kume deer gemeen bieloangs : sie fristen ein ärmliches Dasein. 5. böse, lasterhaft: iek leeuwe neen Woud fon Hiere gemene Tunge : ich glaube kein Wort von ihrer lasterhaften Zunge. 6. schlecht, nur mit Mühe: dusse Tuwwelke läite sik gemeen skille : diese Kartoffeln lassen sich nur mit Mühe schälen. einfach, durchschnittlich: die gemene Mon : der einfache Mann, der Mann auf der Straße. von schlechter Qualität: ‘‘n gemene Sigare: eine schlechte Zigarre. 9. gemeinsam: hie moakede sik gemeen mäd dät Wucht : er hatte ein intimes Verhältnis zu dem Mädchen. 10. gewöhnlich, niedrig: hie is fon gemeen Häärkumen : er ist niedriger Herkunft. 11. hinterlistig: hie is swiede gemeen un bedrjucht sien oaine Foulk : er ist sehr hinterlistig und betrügt seine eigene Familie. 12. in schlechtem körperlichem Zustand; schwer krank, leidend: ju liet so gemeen, as iek Hier knulääst in t Kroankenhuus besoachte : sie sah so leidend aus, als ich sie neulich im Krankenhaus besuchte. 13. schäbig, schadhaft, minderwertig, abgegriffen: du koast an do gemene Blede sjo, dät hie aaltied dosälge Lesengen hoaldt : du kannst an den abgegriffenen Blättern sehen, dass er immer dieselben Vorlesungen hält. 14. grausam: wäch?t is dät gemeen, dät hie sin litje Wäänt nit moor sjo kon, bloot wiel do bee nu skat sunt : was ist das grausam, dass er seinen kleinen Jungen nicht merh sehen kann, nur weil die beiden jetzt geschieden sind.

Fluttertaaske, -n, ju

Plaudertasche, Dorfzeitung: du koast nit alles leeuwe, wäch?t die so ‘n Fluttertaaske aal fertäld: du kannst nicht alles glauben, was dir so eine Dorfzeitung erzählt.

flunkerje

1. prahlen, aufschneiden. 2. lügen, spinnen: ju flunkert so, du koast Hier nit eenmoal dät/dä‘n Haildeel deerfon leeuwe : sie spinnt so sehr, du kannst ihr nicht einmal die Hälfte davon glauben. 3. schmeicheln, nach dem Munde reden.

ferreke

1. vergeben, verzeihen: do Lutterske leeuwe nit, dät ‘‘n Moanske die dien Sänden ferreke kon : die Lutheraner glauben nicht, dass ein Mensch dir deine Sünden vergeben kann. 2. verdingen, vergeben: 2.1 wie häbe dät Eedgreeuwen an uus Loundnoaber ferroat : wir haben das Torfgraben an unseren Grenznachbar verdungen. 2.2 jo häbe ju Disleroarbaid an uus Wäänt ferroat : sie haben die Tischlerarbeit an unseren Sohn vergeben. 3. (Schuld) nachlassen: duzend Euro ferrakt hie mie : er lässt mir tausend Euro nach.

Blääd (a) , do Blede, dät

1. Briefbogen, Papierbogen: dät Blääd umetrale : die Meinung, die Gesinnung ändern. 2. Zeitung: du koast nit alles leeuwe, wäch?t in t Blääd stoant : du kannst nicht alles glauben, was in der Zeitung steht. 3. eiserner Vorderteil einer Schaufel oder eines Spatens: wan du dä‘n tjukke Steen mäd dä‘n litje Spoade hooch tou tillen fersäkst, dan bräkst du mie dät Blääd ou : wenn du versuchst, den großen Stein mit dem kleinen Spaten anzuheben, dann brichst du mir das Blatt ab. 4. Kandidatenliste: hie stoant mee ap t Blääd : er steht mit auf der Kandidatenliste.

beroupe

1. beschreien, berufen; durch zu viel Reden oder übermäßiges Loben das Gedeihen oder den Erfolg eines Unternehmens verhindern oder scheitern lassen: iek wol et nit beroupe, man iek leeuwe, dät wie dät waikriege : ich will es nicht berufen, aber ich glaube, dass wir es schaffen. 2. durch Rufen die Aufmerksamkeit eines anderen auf sich lenken: hie waas tou wied wäch?ch; iek kuud him nit beroupe : er war zu weit weg; ich konnte ihn durch Rufen nicht erreichen. 3. (+ sik) berufen: hie häd sik ap him berupen : er hat sich auf ihn berufen.

Leeuwerke, -n, ju

Lerche.

waitrale

1. hinbiegen, verdrehen: hie troalde dät Fertälster so wai, dät do Ljudene him alles leeuweden : er bog die Erzählung so hin, dass die Leute ihm alles glaubten. 2. einfädeln; in die Wege leiten: dä‘n Ferkoop häd min Bruur waitroald : den Verkauf hat mein Bruder eingefädelt. 3. beschaffen sein: ju Seke is so waitroald, dät bloot die Bedrjoger wint : die Sache ist so beschaffen, dass nur der Betrüger gewinnt.

enige

1. einige; mehr als zwei, aber nicht viele: 1.1 enige leeuw(e)den domoals noch an Spouk : einige glaubten damals noch an Spuk. 1.2 enige Bäidene wuden fon dä‘n Mezel kroank : einige Kinder erkrankten an Masern.

du

1. du: 1.1 du leeuwest dät nit! : du glaubst das nicht! 1.2 (Das Personalpronomen du wird oft weggelassen, weil die Endung -(e)st deutlich zeigt, wen man anspricht:) (du) koast uus Babe fräigje: du kannst unseren Vater fragen. (Die normale Anredeform unter Saterfriesen ist du. Ältere Menschen und der Pastor, insofern er die Sprache beherrscht, werden gelegentlich mit Jie angesprochen.)

misräide (a)

sich den Vorstellungen entsprechend nicht entwickeln; missraten: do Oolden sunt froam, man die Suun is misräiden un leeuwet nit an God : die Eltern sind fromm, aber der Sohn ist missraten und glaubt nicht an Gott.

fääst (fäster, fääste)

1. gesund: hie is nit heel fääst : er ist nicht ganz gesund, ist gebrechlich. 2. (Eisfläche) fest; geeignet, betreten oder mit Schlittschuhen befahren zu werden: dät Íes hoaldt nit, is nit fääst : das Eis hält nicht, ist nicht fest. 3. unerschütterlich, unbeirrbar: hie leeuwet deer so fääst an, dät hie fon sien Menenge nooit ougunge skäl : er glaubt so unbeirrbar daran, dass er von seiner Meinung niemals abgehen wird. 4. massiv, haltbar, solide: die Swinnepot waas aaltied fääst uummuurd: der Schweinekessel war immer solide ummauert.

juust

1. genau: 1.1 die Hondel is juust in uus Sin ouronnen : der Handel ist genau in unserem Sinne abgelaufen. 1.2 hie is juust die Mon, dä‘n iek säike : er ist genau der Mann, den ich suche. 2. gerade, eben: 2.1 hie is juust bee/ uus ounkemen : er ist gerade bei uns angekommen. 2.2 wie wieren juust mäd dät ieten kloor, as do Dregunere fóarbie fierden : wir waren gerade mit dem Essen fertig, als die Polizisten vorbeifuhren. 2.3 dät is juust, wäch?t iek kwede wiel : das ist gerade, was ich sagen wollte. 3. genau, akkurat, penibel, gewissenhaft: 3.1 dät is ‘‘n aiske juusten Käärdel : das ist ein sehr gewissenhafter Mensch. 3.2 hie is juust ap sien Wierk : er ist ganz genau bei seiner Arbeit. 3.3 dät is ‘‘n Juusten : das ist ein ganz genauer Mensch. 3.4 hie is so juust, dät is nit tou leeuwen : er ist unglaublich penibel.

loangsleeuwed

mit langen Ärmeln: ‘‘n loangsleeuwed Hoamd : ein Hemd mit langen Ärmeln.